3. Februar: Fado portuguesa enorma

Ich staune nicht schlecht, als ich um 8:30 Uhr den Frühstücksraum meines Hotels betrete: Von den etwa 30 Plätzen sind 20 besetzt, allesamt von jungen Leuten – zwischen 25 und 35 Jahren, den ältesten schätze ich auf 40. Umso erstaunlicher, weil die Preise nicht gerade niedrig sind. Außer meinem Mini-EZ für € 72,- kosten alle Zimmer deutlich über 100 Euronen. Egal – ich habe glatte 10 Stunden hervorragend geschlafen, und kann das Hotel LIS BAIXA nur weiterempfehlen…:

Blauer Himmel! Mal etwas ganz(!) Neues in diesen Tagen! Also laufe ich runter zum Tejo – der ist keine 10 Geh-Minuten entfernt, und geniesse einen der schönsten und größten Plätze Europas, den TERREIRO DO PAÇO, im herrlichsten Morgensonnenschein:

Im Hintergrund rechts ist das CASTELO DE SÃO JORGE zu sehen. Da bis zum Auschecken im Hotel noch reichlich Zeit ist, stiefelˋ ich durch die verwinkelte ALFAMA – die Altstadt – nach oben:

Eine wunderbare Stimmung empfängt mich. Die Gassen sind noch ruhig – die Portugiesen lassen es am Wochenende gerne langsam angehen. Wie einige Blogleser der allerersten Stunde übrigens auch. ✌️(Anmerkung des Bloggers)

Dafür zwitschern die Vögel umso lauter. Ich verirre mich zu gerne hier – und obwohl ich die Alfama wohl schon mindestens drei Dutzend Male kreuz und quer durchwandert habe, gelingt mir das immer wieder. So bin ich einigermaßen überrascht, als ich plötzlich und unvermittelt vorm Haupteingang zum Castelo stehe, dem eigentlichen Ziel meiner Bemühungen, und zwar vor einer Schranke. Eintritt: Euro 8,50(!) Nein, amigos, nicht mit Eurem Hans! Schließlich will ich nur den Ausblick auf die Stadt geniessen – und zwar ohne Nepp. Ich drehe mich empört um, und sehe im gleichen Moment diese Strassenszene vor mir:

Herrlich! O.k., dann tuckelˋ ich eben auf verwinkeltem Kopfsteinpflaster wieder Richtung BAIXA (Unterstadt). Das Schicksal will es, dass ich in diesem verwirrend schachbrettartig angelegten Stadtviertel – das nach dem furchtbaren Erdbeben samt Tsunami von 1755 komplett neu geplant wurde – auf die PASTELARIA BRASILEIRA stoße, deren gemeine Ausdünstungen frisch gebackener „Natas“ durch die halbe Unterstadt wabern:

Wer mich kennt, weiß, dass ich nur in Extremfällen zu Spontan-Entscheidungen in der Lage bin. Hier liegt einer dieser Fälle vor, der so(!)for(!)tiges Handeln verlangt, und – schwupps – betrete ich das Paradies. Am Tresen tut sich gerade eine Lücke auf, und ich nehme einen Stehplatz ein, dort, wo ich mich in Portugal immer schon am wohlsten gefühlt habe. Unter Portugiesen nämlich, die es erkennbar goutieren, wenn ein „Estrangeiro“ ihre Sprache spricht, bzw. sich in diesem schwierigen Unterfangen zumindest übt. In einer Pastelaria jedenfalls bekomme ich alles, was ich möchte – heute eine „Nata“ mit einem „Café com leite“, wobei es sich um einen Espresso handelt, der mit heisser Milch aufgegossen wird. Ein Hochgenuss – im Hier und Jetzt genossen – allein dafür hat sich dieser Ausflug nach Lissabon bereits gelohnt.

Nach dem Auschecken im Hotel werfe ich meinen Rucksack über und wandere zunächst zum ROSSIO, dem eigentlichen Zentrumsplatz Lissabons:

Und weilˋs so schön ist, das Ganze nochmal aus einer anderen Perspektive:

Dann pilgerˋ ich hoch ins Stadtviertel CHIADO, und geniesse schon beim Aufstieg den Blick zum Castelo de São Jorge:

Als ich den eigentlichen Aussichtspunkt erreiche, werde ich weniger vom dortigen Überblick, als vielmehr von einem älteren, ganz offenbar professionellen Fado-Gitarristen und -Sänger elektrisiert. Er trägt, wie es beileibe nicht häufig zu Erleben ist, den Fado in sich, und spielt und singt in ergreifender Manier diese einzigartig traurigen Lisboa-Sehnsuchts-Songs, die von der Schönheit dieser Stadt, von dem Heimweh in der Fremde, von der Vergänglichkeit des Seins und auch von der einstigen Größe Portugals erzählen. Und zwar so eindringlich, dass zumindest jedem anwesenden Portugiesen, in diesem Falle aber auch Eurem Blogger nicht nur die Augen wässerig werden, sondern alsbald große Krokodilstränen über die Wangen laufen… schließlich rückt die Stunde des Abschieds bereits immer näher – und wie häufig habe ich diese bereits hier oben durchlitten. Sehr häufig, aber offenbar immer noch nicht häufig genug.

Unmittelbar nach der Entstehung des heutigen Titelbildes, ich konnte gerade noch rechtzeitig das musikalisch so stimmig untermalte Panorama fotografieren, strömt eine japanische Reisegruppe in die abgebildete Szenerie. In gehetzter Manier, wie meist, denn für den Stop sind offenbar nur 5 Minuten vorgesehen. Und 25 Smartphones fotografieren und filmen den Fadista und seinen in sich gekehrten und feuchtbäckigen Zuhörer, der nun aber aller(!)-schleunigst das Weite sucht. Wehe, es entdeckt mich noch jemand in diesem Zustand auf Youtube!

Nach diesem ganz offenbar notwendigen Aderlass habe ich eine Stärkung verdient, also marschiere ich schnurstracks wieder runter…:

… zum Rossio ins Restaurante BEIRA GARE und bestelle mir ein „BIFE À PORTUGUESA – danach geht’s Eurem Blogger wieder deutlich besser:

 

Kommentare (3)

  1. Das Bild mit dem Fado-Gitarristen ist wunderschön und fängt die von Dir beschriebene Stimmung super ein: Im ersten Moment dachte ich, das ist ein Gemälde und musste genau hinschauen……

    Wieder toll die Mandelblüten von vorgestern – jetzt freut man sich hier richtig auf Frühling und Kirschblüten. Weiterhin alles Gute!

  2. Sind die Figuren am Grossio-Platz aus Kupfer oder hat die jemand grün angemalt?

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