31. Januar: Quarteira – São Rafael/Albufeira

„Portugal ist gut für die Seele“, so antworte ich heute spontan einer Blog-Leserin auf die Frage, wie es mir denn so ginge. Hinzu gefügt sei: „Besonders im Frühling!“ Die sanfte Sonne, überall Frühlingsdüfte und Vogelgezwitscher, die ausgesprochen gelaxte Stimmung am Wegesrand…:

… und obendrauf noch eine Meeresfrüchte-Küche, die überhaupt keine Wünsche mehr offen lässt. Gestern abend in Quarteira entdecke ich das Restaurante „Dallas“, eine jener typisch portugiesischen – komplett unaffektierten – Gaststätten, deren aktueller, mit Kreide auf eine Tafel geschriebener Speisenkarte vorm Eingang ich sofort entnehmen kann, dass hier die gute Küche zuhause ist. Wobei „gut“ soviel heisst wie „frisch“ – ohne irgendwelchen prätentiösen Firlefanz. Ich also rein. Der Kellner sieht aus wie mein Sylter Steuerberater: Eine 130 Kilo- Granate mit den sanftesten Gesichtszügen der Welt. Während ich bestelle, und zwar eine Fischsuppe vorweg, und „Chocos na sua tinta“ als Hauptgericht…:

… füllt sich das Lokal, als wenn eine Pausenklingel zur nächsten Schulstunde gerufen hätte: 90% Portugiesen, 10% Residenten – aus England, den Niederlanden, Frankreich und Deutschland. Das weiß ich so genau, weil ich nahe des Eingangs sitze und der Kellner viele seiner Kunden mit Handschlag begrüßt.

„Chocos“ sind Kalmare, und „na sua tinta“ heisst, dass ihre Tintenbehältnisse vorm Grillen eben nicht entnommen werden, sondern beim Zerschneiden auf dem Teller aufplatzen – und den wahren Tintenfisch-Geschmack liefern. Die Kellner-Granate fragt insgesamt drei Mal, ob ich mir sicher bin, dass ich das wirklich möchte. „Si senhor, à moda quarteirense“ meine Antwort. Ich muss fast losprusten, weil ich mich an eines meiner früheren „na sua tinta“ – Erlebnisse aus dem letzten Jahrhundert erinnern muss: Im Nachbarort Vilamoura besuchte ich im Winter 1996/97 mit der besten Ehefrau nördlich des Alentejos ein Strandrestaurant – ich bekleidet mit dem besten Hemd, das ich je besaß: Kurzärmlich, von SIGNUM, weiß, mit zahlreichen aufgemalten Sardinen-Signets. Happy Hans. Ich Chocos na sua tinta bestellt, die Gabel in den ersten Choco gepiekst, dessen Tintendrüse sich daraufhin in einem nicht enden wollenden Strahl auf meine Brust ergießt. Das Hemd konnte ich knicken.

Genau daran denke ich beim Bestellen – und auch beim ersten, betont vorsichtigen Reinpieksen… aus Sicherheitsgründen habe ich mein schwarzes Vlies übergezogen. Ein Gedicht, sage ich!

Ok – heute morgen verlasse ich Quarteira und umwandere zunächst den  Jachthafen von Vilamoura:

Eine kummervoll artifizielle Welt – ich fühle mich wie in Florida. Oder kann mir mal jemand erzählen, was eine „Brasilianische Thai-Massage“ sein soll!?

Ich bin froh, als ich diesen „klimatisierten Alptraum“ (nach Henry Miller) nach gut halbstündiger Express-Wanderung hinter mir lassen kann – und auf ein Natur-Highlight dieser Woche zu steuere, die „Praia da Falésia“ mit dieser schier unglaublich schönen Steilküste. Statt tausender Worte lieber vier Bilder dazu:

Noch Fragen? Das ganze Spektakel erstreckt sich über reichlich fünf Kilometer – und ich natürlich überall rauf und runter, weil ich mich gar nicht satt sehen kann.

Bester Stimmung erreiche ich Albufeira, einen der touristischen Schmelztiegel Portugals:

Albufeira quillt ringsherum in die Landschaft, mittlerweile wird ein Nebental urbanisiert, mit einem kunterbunten Jachthafen:

Hier kann ich noch ein wenig einkaufen. Gut so, denn ich habe drei Kilometer weiter, in São Rafael, ein Apartamento gebucht – in herrlicher Ruhe, vom Vogelgezwitscher mal abgesehen:

Am Abend überlege ich, den weiteren Verlauf dieser Wander-Woche abzuändern. Der Grund: Hinter Armação de Pêra, das ich morgen vormittag erreiche, folgen viele Kilometer mit Felsenküsten und tiefen Buchten, die ich bis zu meinem Rückflug am Samstag nicht alle abwandern kann – das ist echt zu heftig. Die 25 Kilometer von heute waren bereits grenzwertig. Da muss eine Lösung her – und ich werde diese Nacht mal darüber sinnieren…

 

Kommentare (2)

  1. Ute Klint

    Moin Hans,
    da hat sich das Warten auf den gestrigen Beitrag sehr gelohnt!
    Vielen Dank für’s Mitnehmen in Deine Erlebnisse!

    Sonnige Grüße aus der Heimat!
    Ute

  2. Inken Bechmann

    Moin,
    beim Bild vom Jachthafen von Vilamoura fühle ich mich durch das Gebäude im Hintergrund leicht an das Olympiazentrum in Kiel Schilksee erinnert – bloß eben in weiß.
    Schönen Urlaub noch!

    LG Inken

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