Ich schlafe schlecht. In diesem Falle ein gutes Zeichen, denn je mehr der Wind am frühen Morgen auffrischt, desto größer die Wahrscheinlichkeit, daß sich heute wirklich optimale Verhältnisse zum Kitesurf-Worldcup einstellen: Die besten Kiter der Welt sind vor Ort! Das Windmaximum mit gut 10 Windstärken ist für 14-15 Uhr gemeldet, kurz vorm Hochwasser! Die Windrichtung stimmt endlich mal perfekt: SSW! Und die Sonne soll sich zum Nachmittag auch noch sehen lassen – mit etwas Glück! DAS wär’s doch mal. Mehr ginge nicht!
Mit einem der letzten Schauer des Tages erreiche ich gegen 14:30 Uhr den Strand… tooosendes, nein ohrenbetäubend brüllendes Meer:
… da höre ich bereits aus der Ferne die Durchsage, daß zunächst das „kleine Finale“, also der Heat um Platz 3, stattfinden soll… in einer Brandung, die wohl kaum schöner (und gefährlicher) sein kann – oderrrrr?
Gute 5 Meter Höhe erreichen diese Brecher, und der Italiener Lorenzo Casati gewinnt das Duell um den dritten Platz mit einigen spektakulären Sprüngen über diese wahren Wellenmonster:
Im gleich anschließenden Finale tritt der zweimalige Weltmeister James Carew aus Australien, gerade genesen nach langer Verletzungspause, gegen den erst 20-jährigen brasilianischen Shooting-Star Gabriel Benetton an. Während letzterer mit einigen weltmeisterlichen Wellenritten glänzt…:
… legt James Carew ein Ding hin, das wohl an deutschen Küsten bislang nicht gesehen wurde. Wie er bei der Siegerehrung erklärt, baute sich vor ihm eine 6-Meter Wellenrampe auf, die er mit voller Geschwindigkeit erwischte. Unterstützt durch eine Windböe stieg er auf 20(!!!) Meter Höhe auf (siehe das heutige Titelbild) und ließ sich im Anschluß über 300(!!!) Meter uferparallel, vorbei am gesamten Publikum, vom Sturmwind gen Norden treiben, ganze 9 Sekunden lang – zunächst noch mit seinem Board unterm Arm, dann ohne…, vor den Augen der völlig entgeisterten Zuschauer:
Siehe auch das heutige Titelbild. DAS ist natürlich der Klopper! Zur Belohnung für diese Ausnahme-Show gibt’s tosenden Applaus aus tausenden von Händen, und den Weltmeistertitel noch oben drauf:
Neben mir steht bei der Siegerehrung mein ehemaliger Schulfreund Jürgen Höhnscheid, der Anfang der 1980er einer der ersten Weltmeister im Windsurfen wurde und der in seiner jahrzehntelangen Karriere wohl alle nennenswerten Surfspots der Welt kennenlernen durfte – und sagt: „Sowas habe ich noch nie gesehen!“ Das sagt wohl alles über dieses absolute Highlight des Surfsports, das uns die Sylter Natur mit all‘ ihrer Kraft heute bescherte. Unglaublich!
Aufgrund der überaus gefährlichen Wellen- und Strömungsverhältnisse werden die Damenwettbewerbe auf den morgigen Tag verschoben. Eine weise Entscheidung der Judges… die Strandkörbe nebenan nehmen heute nachmittag ein Schaumbad: