… einen einfachen und unaffektierten Lebensstil zu pflegen: Eine schlichte Holzhütte kann ich mir mit dieser Einstellung sogar in der Schweiz problemlos leisten.
Aber dieses Mal habe ich mich dann doch für etwas Besseres entschieden, nämlich die „MANU LODGE“, direkt an den Gleisen des Bahnhofs von FILISUR gelegen:
Die MANU LODGE erhielt erst im vergangenen Jahr 2024 ihren Namen. Vorher hieß sie ganze 60 Jahre lang ˋHOTEL GRISCHUNA‘ (rätoromanisch für GRAUBÜNDEN), und zum Zeitpunkt der Fertigstellung der heute unter Unesco-Schutz stehenden ˋALBULA LINIE‘ im Jahre 1903 hieß das Haus…:
… ‚HOTEL BAHNHOF FILISUR’, richtig. Aber das lief über die Jahrzehnte nicht immer so richtig gut, weil dieser Name doch eine etwas übertriebene Gleisnähe suggerierte, also Krach – um es mal auf gut Deutsch zu sagen. Und das schreckte doch so manchen potentiellen Gast ab.
Das ist heute nun anders. Die tagsüber zwischen 6 und 22 Uhr im Stundentakt von CHUR und ST. MORITZ hier durchfahrenden Personenzüge – darunter der berühmte BERNINA- und der noch berühmtere GLACIER-EXPRESS – werden von den Hotelgästen mit offenen Armen bzw. Mündern empfangen und ausgiebigst und fachmännischst begutachtet. Warum? MANU ist ein Schweizer Reiseveranstalter, der Pauschalreisen für Eisenbahn-Enthusiasten zu (für Schweizer Verhältnisse) günstigen Preisen anbietet: Unterkunft mit Halbpension incl. freier Fahrt per Bahn und Postauto (Bus) für die ganze Zeit des Aufenthalts in dem betreffenden Kanton.
Das rechnet sich ganz besonders für mich, dachte ich mir, da ich den grössten Schweizer Kanton GRAUBÜNDEN nun bereits von diversen Aufenthalten im OBER- und UNTERENGADIN kannte, aber noch längst nicht in alle Ecken und Enden vorgedrungen war – was sich mit diesem Aufenthalt am Verkehrsknotenpunkt FILISUR nun ändern soll.
Zur Akklimatisation in gut eintausend Metern Höhe steht heute zunächst einmal eine entspannte Wanderung auf einer Etappe des bekannten ‚WALSER-WEGS‘ Richtung DAVOS auf dem Programm… um es kurz zu machen: Wenn ich heute morgen am Frühstückstisch gewusst hätte, was mich erwartet, wäre ich wohl lieber per Bahn & Bus durch die Gegend gegondelt.
Dabei beginnt alles ganz easy und locker: Pünktlich um 9 Uhr verlasse ich das Hotel und befinde mich nach nur 5 Minuten auf dem besagten Weg, der sich im Weiteren auch noch mit einer zuverlässigen Ausschilderung hervorheben wird. Schweizer Idylle at it’s best:
Auf den ersten 20 Minuten meiner Wanderung sehe ich noch einige Einheimische, wundere mich nur, dass ich weder vor noch hinter mir irgendwelche Mitwanderer sehe.
Egal. Der Weg steilt sich bald nach dem Ortsausgang merklich an. Ich nutze die Gelegenheit, mich am letzten Vorposten der Zivilisation meiner japanischen langen Unterhose zu entledigen, denn so langsam wird mir – trotz magerer 8 Grad – doch etwas warm, ehrlich gesagt:
Selfie-Foto: Hans Jessel
Im Weiteren gewinne ich zusehends an Höhe…:
… bin noch zuversichtlich angesichts der ersten spitzeren Grate…:
… bis ich beim Hinabsehen auf mein Etappenziel, das WIESENER VIADUKT merke, dass mich meine Wanderung wohl doch etwas sehr in die Höhe getrieben hat:
Die Häuseransammlung weiter oben ist übrigens der Davoser Ortsteil WIESEN, falls es jemanden interessiert. Mich interessiert das in dieser Phase meiner Wanderung eher weniger, denn der Weg wird immer schmaler…:
… und ich habe diverse Schotterfelder in steilstem Gelände zu durchqueren…:
… ferner führt mich mein Weg durch gewaltige Murengänge in rutschigem Terrain:
DAS wäre mir auf Sylt nicht passiert. 😉 Nach der wohl fünften Passage dieser Art blicke ich mit Schaudern zurück auf ein gerade zurückgelegtes Teilstück:
Bald danach führt mich ein steiler, rutschiger Waldweg über 500 Höhenmeter bergab. Unmittelbar vor dem tief im Landwassertal gelegenen Bahnhof von WIESEN fährt mir der Zug Richtung Davoser Zentrum vor der Nase weg:
Das gibt dem müden Wanderer noch die Gelegenheit, das WIESENER VIADUKT zu überqueren und einen Blick vom nahen Aussichtspunkt zu geniessen. Nahezu 120 Jahre alt ist das Teil…:
… und wenn man einen Blick auf die Konstruktionszeichnungen wirft, kann man wirklich nur sagen: „Chapeau“ vor dieser Ingenieurskunst:
Ich bitte die Bildqualität zu entschuldigen, aber die Abbildung hing derart ungünstig an der Aussenwand des Bahnhofs, dass Spiegelungen unvermeidlich waren.
Nachtrag: Die späteren Recherchen ergaben, dass ich übrigens doch genau richtig gelaufen bin. Nur hätte mich der offizielle Wanderweg auf ähnlicher Höhe weitergeführt. während ich den Abstieg in die Zivilisation wählte.
Nachmittags besuche ich per Bahn und…:
… Standseilbahn das BERGHOTEL SCHATZALP oberhalb von DAVOS PLATZ…:
… Schauplatz des ‚ZAUBERBERGS‘…:
Recht passend zur Gesamtstimmung fängt es an zu regnen…:
… und ich geniesse ein verdientes Stück hausgemachten Apfelkuchens…:
… in den – wie ich es erst später realisiere – noch perfekt erhaltenen Räumlichkeiten, wie sie auch Thomas Mann erlebte: