Einen der köstlichsten Momente des zurück liegenden Jahres erlebte ich am frühen Morgen des 2. Junis 2017. Mit meinem Rad unterwegs, fuhr ich zum Sonnenaufgang den Rantum-Becken-Binnendeich entlang. Die üblicherweise in Höhe des Schöpfwerkes östlich der Kläranlage „grassierenden Schafe“ befanden sich sonderbarerweise nicht an ihrer Arbeitsstelle. Merkwürdig – aber später dann doch verständlich, als ich auf den ganzen Pulk meiner vierbeinigen Freunde in Höhe des Deichkreuzes stieß, wo diese nämlich die ersten Sonnenstrahlen weitaus trockener empfangen konnten als in dem immer noch dichten Frühnebel an ihrem üblichen frühmorgendlichen Standort.
Großes Hallo, als ich also am Deichkreuz erscheine. Fast kommt es mir vor, als wenn einige Schafe mich mit einem Grinsen im Gesicht empfangen wollten, so nach dem Motto: „Bist Du auch endlich da!? Wir warten hier schon seit ˋner halben Stunde!“ Tatsächlich ist es so, dass diese Schafe mich persönlich kennen. Und sie scheinen es zu schätzen, dass ich mich äußerst gerne auf ihre „unhektische“ Art einlasse, besonders an Traum-Morgenden wie diesem. Wenn ich Schafe fotografiere, muss ich nicht, wie bei Menschen, in ein Paralleluniversum abtauchen – nein, ich bin dann mittendrin in einer schönen Welt aus animalischer Genügsamkeit, Freude am Leben, appetitlichen Kaugeräuschen, gegenseitigem Respekt und RUHE, die nur von einem gelegentlichen Rülpsen angenehm unterbrochen wird. Herrlich.
Die Sonne geht also auf und reichlich 50 Schafe (+ 1) lassen sich die ersten wärmenden Strahlen auf die Breitseite des Körpers scheinen… beste Deichstimmung! Mein Rad hatte ich noch an der Deichauffahrt abgestellt, bin nur mit einer Kamera mit einem Objektiv unterwegs, und gehe mal gaaanz ruhig meine Fotomodelle ab. Es gibt Tage/Morgende, da wird das nix mit Fotografieren. Mir wird durch die Blume, aber unmissverständlich, suggeriert, dass ich mir jegliche Mühe ersparen sollte. Die Tiere wirken gestresst, wenden sich bei Annäherung sehr frühzeitig ab, und geben allein durch ihre Körpersprache kund: Heute nicht, please!
An diesem frühen Morgen herrscht dagegen die komplette Relax-Stimmung. Man betrachtet mein Umherschreiten mit Interesse, wendet sich aber bereits nach wenigen Minuten wichtigeren Themen zu. Zum Beispiel der Verdauung – und der richtigen Ausrichtung des Astralleibes Richtung Sonne. Ich kann, solange ich mich nur ruhig genug fort bewege, machen, was ich will. Für mich wird es der Tag des Jahres mit den besten Schafbildern… und allerbester Laune.
Als ich nach einer knappen Stunde aus dem Foto-Taumel erwache, sehe ich gerade noch, wie sich zwei Schafe an meinem Rad zu schaffen machen. Das Eine leckt gerade den Akku ab, das Andere knabbert an einem Bremskabel. Tage zuvor hatte ich doch noch in der eBike-Gebrauchsanweisung gelesen, man solle auf keinen Fall am Akku lecken! Ich gehe also strammen Schrittes auf die beiden Frechdächse zu, was den Kabelknabberer zur schnellen Flucht animiert, den Akku-Liebhaber jedoch zu einer perfiden Übersprungshandlung treibt: Er trabt etwas gestelzt um das Rad herum, baut sich vor dem Vorderrad auf, senkt seinen Kopf – und rammt diesen auf den Reifen. Um in dieser Haltung zu verharren.
Ich kriege eine Lachkrampf. Das ist ja wohl total abgefahren! Um nicht zu sagen: Die Höhe! Und was sehe ich da? Grinst der Akku-Lecker etwa auch noch!? Als dieser nun beginnt, das Rad regelrecht zu schubsen, kann ich gerade noch dieses Beweisfoto schiessen, um eine Sekunde später das taumelnde Rad im Kippen noch aufzufangen…
„O.k., compañeros, war ein amüsanter Morgen mit Euch. Ggf. morgen früh in gleicher Runde? Ich freue mich jetzt schon!“