Es gibt Tage, manchmal Wochen, da bin ich nicht zum Fotografieren aufgelegt – zur Zeit zum Beispiel. Früher machte mir das gewaltige Sorgen, denn ohne Bilder im Kopf fühlte ich mich stets einigermaßen verloren in dieser Welt. Mittlerweile weiß ich damit umzugehen – und lassˋ die ständige Rumknipserei einfach.
Die Kitesurf-WM am Brandenburger Strand vermag mich nicht zu fesseln. Zwar weht an einigen Tagen ein recht passabler Wind, aber das habe ich irgendwie schon alles besser gesehen – vom sportlichen her:
Mitten am Zentralstrand erhebt sich eine urban-pittoreske Baustelle. Zur Hochsaison wird hier ein weiteres Stück Promenade verstärkt, denn die in weiten Teilen über 100-jährige Klinkerwand hält dem Anprall der Wellen nicht mehr stand. Die Badegäste finden das prima, schmeckt doch ein Urlaub viel besser, wenn in unmittelbarer Nachbarschaft so richtig malocht wird – mit möglichst schwerem und lautem Gerät:
Für den Abend steht eine besondere Unternehmung ins Haus, bzw. verlassen wir das Haus für eine besondere Unternehmung: Wir fahren nach Kampen und laufen von dort durchs Watt(!) nach List. Diese Wanderung dürften nur die wenigsten Sylter je unternommen haben, denn sie ist anstrengend – und durchaus gefährlich, weshalb sie auch verboten ist. Das Watt ist im ersten Teil der Strecke ausgesprochen schlickig, außerdem gibt es tückische Schlicklöcher. Man/frau kann weder barfuß (wegen der scharfkantigen Austern) noch mit Gummistiefeln (wegen der Haft-Konsistenz des Schlicks, die jeden Stiefel auszieht) laufen….:
Es muss also professionelles Equipment ran: Meine ehemaligen Barfuss-Lauf-Zehensandalen nämlich, und zwar mit den hauchdünnen Zehen-Strümpfchen drunter. Sehr schick! Die saugen sich an den Füssen fest und schützen mittels Reifen-Besohlung vor scharfen Muschelschalen:
Es möge sich bitte NIEMAND der Blogleser aufgerufen fühlen, diese Wanderung nachzumachen – es gehört wirklich Watten-Erfahrung dazu, und die besitze zumindest ich seit meinen Zivildienstzeiten bei der Schutzstation Wattenmeer, und über 3.000 Wattführungen in den Jahrzehnten danach. Hier zum Beispiel sehen wir ein typisches Schlickloch-Watt: Die komplett glatte und feuchte Oberfläche verrät, dass jeder Schritt wohl überlegt sein sollte:
Bei meinem letzten Versuch, dieses Wattgebiet zu queren, ging spektakulär schief. Ich musste mich zum Wattufer bei der Kampener Kläranlage retten und mich durchs Nielönn-Schilf bis zur Strasse durchkämpfen. Dass ich aussah wie Sau, sei nur nebenbei bemerkt.
Diesmal laufen wir also mit doppelter Vorsicht – und wir kommen durch! Nach einer Stunde und fast drei absolvierten Kilometern im Schlick erreichen wir das feste Sandwatt der Blidselbucht. Der tagsüber mächtig aufgefrischte Westwind drückt die aufkommende Flut direkt hinter uns über die eben noch trocken gefallenen Wattflächen – kurz vor Mellhörn erreicht es, zusammen mit uns, bereits die Hochwassermarke:
Perfektes Timing, Hans! Für weitere Fotos blieb allerdings keine Zeit, aus eben diesem Grunde…
Hallo Hans
Nach dem Lesen dieses Beitrags über eine high-Risk-forbidden Wanderung kommt mir unsere letzthin bei super Sommerwetter unternommene geführte !!Wattwanderung von Amrum nach Föhr wie ein Kindergeburtstag vor. 😉 Aber schön war die auch !!
LG Hartwig