Der versprochene Abschlussbericht

Titelbild: Imme

Die Strecke

Da darf ich mir mal selber auf die Schulter klopfen: Gut vor recherchiert, Hans! Obwohl ich ggf. eher als Pizzabäcker getaugt hätte, war diese Tour an gewünschter – und dementsprechend auch geplanter – Abwechslung kaum zu toppen. Die Bernina Bahn! Camping Pilzone! Der (Un-)ruhetag im Alto Aldige! Der Reschen- und der Fernpass! DAS waren echte Highlights – und die Tage dazwischen auch alles andere als ohne.
Auch die Richtung stimmte. Mehrere hundert Höhenmeter an Anstieg merkte ich gar nicht, weil sie sich über 300 km hinzogen… und der Reschenpass war dann ein Klacks. Würde man die Strecke von Norden kommend absolvieren, hätte man aber zur Passquerung erheblich(!) mehr zu kämpfen. Die Serpentinen zwischen MARTINA und NAUDERS haben es in sich! Aber da gäbe es ja die Shuttle-Busse, wenn es Einem nicht peinlich ist, diese in Anspruch zu nehmen.

Und das Wetter war auf meiner Seite. Die ersehnte sommerliche Wärme, kein Tropfen Regen, Wind von vorne nur in Ausnahmefällen – so liebt es der Alpen-Crosser. Kein Regen? Doch – vorgestern am späten Abend schüttet es in Füssen wie aus Kübeln. Gebongt!

Das Rad

Um die Jahreswende erworben, entpuppt sich mein eBike namens DELITE GT NUVINCI von RIESE & MÜLLER (Näheres siehe Internet) als der Knaller überhaupt. Es dient mir, der ich seit über 10 Jahren auf ein Auto verzichte, in allererster Linie als berufliches Fortbewegungs-Mittel. Die zurückliegende Woche galt sozusagen als Härtetest. Speziell für diese Tour besorgte ich mir noch einen zweiten 500er Bosch-Akku. Beide können gleichzeitig am Fahrradrahmen montiert werden – und werden beim Radeln wechselweise entladen. Klappte alles perfekt.

Die Kraftzuschaltung hat 4 Stufen: Eco, Tour, Sport und Boost. Ich fahre grundsätzlich mit “Eco”, der niedrigsten Zuschaltung. Bei Steigungen oder starkem Gegenwind schalte ich gelegentlich auf “Tour”, in seltenen Fällen auf Sport (der brutale Fernpass-Schotter-Anstieg!). In Prozenten auf dieser Tour: 85% der Strecke in “Eco”, 10% in “Tour”, und weniger als ein Prozent in “Sport”. Die restlichen 4% ohne Kraftzuschaltung – bei Geschwindigkeiten über 25 km/h. Mit dieser Fahrweise wären 200 km an Strecke ohne Nachladung möglich (gewesen). Der Vorteil gegenüber einem normalen Fahrrad sind die höhere Reisegeschwindigkeit (25 km/h statt 18-20 km/h) sowie die Übernahme der Kraftspitzen bei starken Anstiegen – eine Wohltat für ältere Knie!

Highlights sind die wartungsfreie, stufenlose(!) Nuvinci-Schaltung, der – nahezu – wartungsfreie Riemenantrieb, die Vollfederung, und die extra fette Bereifung, die ein Fahren besonders auf Natur-Trails zu einem puren Vergnügen aufwerten. Das hat mir schon bei meiner Arbeit auf Sylt zu Fotos verholfen, die ich mit einem normalen Rad nie erreicht hätte – und ich hätte mir mehr davon gewünscht in den zurück liegenden Tagen.

Die Manufaktur RIESE & MÜLLER hat sich für langlebige Qualitätsprodukte einen Namen gemacht. Und dieses Rad ist deren aktuelles Highlight. Das hatte zur Folge, dass ich – bzw. das Rad – gerade bei den Radsport-begeisterten Italienern größte Beachtung erfuhr. Gelegentlich standen bei Stopps an der Strecke ganze Gruppen fachsimpelnd um mich herum.

Dieser relativ massive Auftritt des Rades bedingt die beiden einzigen Nachteile – wenn man diese denn so benennen möchte:
1. Das Gewicht liegt (mit zwei Akkus, ohne zusätzliches Reisegepäck) bei fast 30 kg. 2. Die Sorge bzgl. Diebstahl.

Das Navi

Von meinem Freund Peter, selbst vorausplanender und sturmerprobter Langstrecken-Radler, bekam ich den Tipp mit “komoot”: Ein Navigationssystem speziell zugeschnitten auf die Bedürfnisse von Radfahrern. Testtouren durch Schleswig-Holstein stellten unter Beweis, dass das System selbst Feld- und Forstwege findet, immer aber “bemüht” ist, übermäßigem Kraftfahrzeugverkehr zu fliehen. Wenn das partout nicht möglich ist (siehe Etappen 1 und 2 von BELLANO nach RIVOLI VERONESE), kann natürlich das Navi auch nichts dafür… 😉

Die Programmierung ist denkbar einfach: Man gibt Anfangs- und Endpunkt ein, worauf das System prompt einen Vorschlag liefert. Dann gibt man, sofern gewünscht, spezielle “Wegpunkte” ein, die man auf dieser Etappe besuchen möchte. Per Eingabe pflegt das System diese Punkte ein.
Nun (oder vorher schon) gibt es die Wahlmöglichkeit, ob man die Tour mit normalem Fahrrad, einem MTB oder einem Rennrad machen will. Beim Rumzwitschen zwischen diesen Optionen kommen im Gebirge teilweise gewaltig unterschiedliche Routenvorschläge zutage. Ich wählte “normales Rad” als Grundeinstellung.

Ist die Route perfekt, erhält man – neben Kilometerangabe und zu erwartender Fahrtdauer – minutiöse Infos, wieviele Kilometer man auf welcher Art von Wegen zurück legt, wie das Höhenprofil aussieht, wo Gefahrenpunkte sind und man kann auch schon mal einen Blick auf Gaststätten und Hotels am Wegesrand werfen.

Ist man schließlich mit der Planung fertig, lädt man das Ergebnis herunter und hat die Route somit für die Offline-Nutzung gespeichert. Das ist großartig.

Nun kann man sich entweder per Handy-Bildschirm und/oder per sanfter Frauenstimme durch Landschaften und Städte geleiten lassen. Am großartigsten empfand ich es, nervige Ortschaften stressfrei zu durchfahren – herrlich! Keine Herum-Irrerei mehr, stets geführt auf kleineren und ruhigeren Straßen oder natürlich, soweit vorhanden, Fahrradwegen. Auch ganz super fürs Auffinden des Hotels, wenn ich nach langer Tagesetappe in den Zielort einradelte…

Hinter RIVOLI VERONESE befuhr ich ausschließlich die bestens ausgeschilderte VIA CLAUDIA AUGUSTA, sodass ich das Navi lediglich mit dunklem Bildschirm mitlaufen ließ – um es bei Bedarf bzgl. des genauen Standorts zu konsultieren.

Einziger Nachteil: Der hohe Stromverbrauch. Bei stetig angeschaltetem Bildschirm war der Handy-Akku nach spätestens 3-4 Stunden leer. Da hilft dann nur ein zusätzliches Power-Pack, oder eben das häufige Abschalten des Bildschirms.

Insgesamt eine erhebliche(!) Erleichterung der Orientierung für jemanden, der sich sein Leben lang mit Kartenmaterial rumgequält hat. Und günstig obendrein: Für nur € 19,99 kann ich nun für den Rest meiner Tage Touren auf der ganzen Welt planen – ständige Updates inbegriffen. Da gibt’s absolut nix zu meckern.

Zur Vorbereitung hat mir der BIKELINE-Führer VIA CLAUDIA AUGUSTA hervorragende Dienste geleistet. Diesem entnahm ich u.a. die Radler-Unterkünfte, die – u.a. – abschließbare Garagen, notwendiges Werkzeug und Trockenräume für die Wäsche bereitstellen… ein toller Service, den ich gerne genutzt habe.

P.S.: Morgen folgt der Bericht über meine Nahverkehrs-Rücktour längs durch die Republik.

 

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