Montagmorgens – im Karolinenviertel

Ein Stadtteil Hamburgs im Ausnahmezustand. Das Karolinenviertel, ein Quartier von gerade einmal 0,1 Quadratkilometern Größe und knapp 4.000 Einwohnern, unmittelbar neben den Messehallen gelegen, ist Hauptbetroffener der Sicherheitsmaßnahmen rund um den G20 Gipfel. Allerdings, ohne vorher gefragt zu werden – und mit ganz überwiegend dem linken Spektrum zuzuordnenden Bewohnern.

Ich radel’ heute früh zwischen 6 und 8 Uhr mal durch die noch stillen  Gassen, auch im angrenzenden Schanzenviertel, und schaue, wie sich der Protest denn so artikuliert:

Viele Geschäfte signalisieren bereits, dass sie “über die Tage des Ausnahmezustands” geschlossen sein werden, und noch mehr Einwohner werden das kommende längere Wochenende nicht in ihren Wohnungen verbringen…:

Über 20.000 Polizisten bewachen schon jetzt jede Bewegung im Viertel, und mehrfach fanden bereits Razzien in Wohnhäusern statt. Es liegt Spannung in der Luft, denn willkommen ist die Polizei hier absolut nicht.

Die gestrige Demonstration war nur das Vorspiel, sozusagen der Kindergeburtstag für die Familie. Was jetzt am Freitag und Samstag auf die Bewohner zu kommt, ist kaum einschätzbar. Ganze Sonderzüge mit durchaus auch radikaleren Demonstranten werden erwartet, die ihre projektierten Veranstaltungen über teilweise martialische Plakate annoncieren:

Bügermeister Olaf Scholz antwortet auf die Frage, ob Hamburg sich mit dieser Veranstaltung nicht übernehmen würde, mit dem Satz: “Wir schaffen doch auch den Hafengeburtstag.” Diese “Arroganz der Macht” wird hier, und auch im angrenzenden Schanzenviertel, als pure Provokation empfunden:

Erstaunlich viele Geschäfte solidarisieren sich mit den Aktivisten:

Die zunehmend politisierte Gesellschaft steht an einem Scheideweg. Die Erosion des Mittelstands, letztlich eine Auswirkung der Globalisierung, radikalisiert immer größere Teile der Bevölkerung. Diese wollen sich die als undemokratisch empfundene Geheimniskrämerei, z. B. auch auf dem G20 – Gipfel, nicht länger bieten lassen.

 

 

Kommentar (1)

  1. Yvonne Lagoni

    Hätte ich nicht flach gelegen, wäre ich am Sonntag dabei gewesen. Wir Hamburger (und ich bin ein echter) machen da grad was Unvorstellbares mit. Mit “Ausnahmezustand” wird es beschrieben, aber es ist weit mehr. Mein Sohn wohnt und arbeitet mitten im Geschehen, in der höchsten Gefahrenzone. Unnötig in Worte zu fassen, was das mit einer Mutter macht. Wäre es möglich, würde ich dem Ganzen entfliehen, aber das geht nicht in meinem Fall. So provokant Herr Scholz sich im Vorwege äußert, so gespannt bin ich auf sein erstes Statement nach dem G20 Gipfel. Wir werden es hören, lesen und vermutlich nicht umhin kommen, mit dem Kopf zu schüttel, wütend zu werden. Ich wünsche Hamburg, dass diese Tage gewaltfrei bleiben. Ein frommer Wunsch, das ist mir bewusst.

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