Die Natur platzt aus allen Nähten. Herrliche Temperaturen, wenig Wind, bestes Wetter, um ein wenig dem vermassten Tourismus zu entfliehen und die Schleswig-Holsteinische Landschaft zu geniessen:
Ich verlasse Niebüll gen Süden und stoße kurz hinter Risum – Lindholm auf die alten Gleise der vor exakt 40 Jahren stillgelegten Bahnlinie von Niebüll nach Flensburg.
Bis nach Leck kann ich dem schnurgeraden Streckenabschnitt auf einer schmalen Straße folgen. Kurz vorm Lecker Stadtzentrum verschwinden die Gleise in dichtem Gestrüpp, um am Ortsausgang Richtung Sprakebüll (der nächsten ursprünglichen Haltestelle)…
… wieder auf der Landkarte zu erscheinen, sogar auf meinem Rad-Navi:
In den letzten Jahren wird ernsthaft diskutiert, diese Strecke zu reaktivieren, womit insbesondere der Fernverkehr von und nach Sylt auf die elektrifizierte und zuverlässigere Strecke zwischen Flensburg und Hamburg umgeleitet werden könnte. Bravo! Super Idee, deren Umsetzung ich wohl frühestens nach Absetzung des gegenwärtigen Bundesverkehrsministers erwarten darf.
Ich folge der Strecke noch über Schafflund bis nach Wallsbüll…:
… wähle jedoch von dort eher ländlichere Wege, um die Gewerbegebiete Flensburgs geschickt zu umgehen:
Wie der erfahrene Blogleser längst weiß, ist diese Exkursion nur ein geeigneter Vorwand, um der Einladung zu einem Grillabend nachzukommen. Bei Bloglesern der ersten Stunde. Wie gut, dass sich in meinen Satteltaschen ein Fläschchen Crémant vom Weingut Harteneck findet, außerdem ein vollmundiger Rotwein aus dem nordwestspanischen Bierzo. So steht dem abendlichen Vergnügen im heimeligen Adelby aber auch gar nichts mehr im Wege:
Wie nicht anders zu erwarten, gehts mir zum Auftakt der Rücktour am kommenden Morgen gold:
Und zwar wegen des frühmorgendlichen Badeausflugs nach Solitüde, dem bekanntesten der Flensburger Strände (siehe Titel), mit herrlichem Blick auf die dänische Seite der Förde… dieser schönen Gesamtsicht mag es anzukreiden sein, dass wir vor dem Sturz in die Fluten nicht nach etwaigem giftigen Meeresgetier Ausschau hielten. Also schwammen wir genussvoll unsere Runde, um nach dem anschließenden Erklettern des Badesteges von einer offenbar ortskundigen Regelmäßig-Schwimmerin angesprochen zu werden, ob wir gar nichts spüren würden. Das Wasser sei ja voll mit Feuerquallen… wir schauen uns an, und ich bin der erste, der das nunmehr einsetzende Prickeln, Jucken und Nesseln auf der Haut zu spüren beginnt, zunächst zaghaft, dann wie ein Nesselfieber anmutent – na gratuliere! Wir verlassen den Parade-Strand wie zwei von Flöhen befallene Affen, solche durfte ich als Kind einmal in Hagenbeks Tierpark bewundern… und bedauern.
Zwei Stunden später, beim Abschied aus Flensburg, wird das ganzkörperliche Nesselgefühl etwas erträglicher, und ich meine mich an die Worte meines Vaters zu erinnern, der dem Quallengift (einer Art Ameisensäure) durchaus therapeutische Wirkungen zuordnete, hunderte von Patienten hatten für diese Erkenntnis leiden müssen, und auch mir geht es nun einfach gold, wie bereits oben angekündigt.
Zurück geht es über Bredstedt…:
… bis Langenhorn, wo gerade bei meinem Eintreffen ein Sylt Shuttle Plus vorbei rattert, mein Lieblingszug, der mich pünktlich zum Kaffeetrinken nach Sylt zurück verfrachtet.
DAS war mal wieder ein hochgradig entspannender Ausflug in die Schleswig-Holsteinische Prärie. Selbst das Auto-Anreise-Chaos an der Niebüller Verladerampe, das ich im Vorbeifahren mit Bedauern goutiere, vermag mich nicht mehr grimmig zu hinterlassen. Ich blättere einfach noch einmal in meinen Gedächtnis-Aufzeichnungen der zurückliegenden Stunden, zum Beispiel der nachfolgenden Szene, um angeheitert zurückzukehren in mein insulares Touristen-Mekka: