Eine ausgesprochen milde Luftmasse kommt da vom Süden her heran geweht, unsere Hühner springen mir nach dem morgendlichen Öffnen der Stalltür mit Elan entgegen. Das erste Mal seit Beginn der kalten Jahreszeit. Winter adé? Die haben sicherlich ebenfalls den Gesang der Amseln vernommen, ab 5:30 Uhr. Gibt es etwas Schöneres? Ja – das Ganze noch mit Brandungsrauschen untermalt. Herrlich. Ich geniesse das Frühmorgen-Konzert durch zwei geöffnete Fenster. Bei einem Tässchen Kaffee.
Und die Luftmasse trocknet im Laufe des Tages. Südwind mit guter Sicht – das hat es in den letzten 4 Jahrzehnten nur selten gegeben, jedenfalls auf Sylt.
Ich lasse die Atmosphärilien mal machen und stehe in den Startlöchern. Ok, sagt schließlich die Innere Stimme, ab mit Dir an den Ellenbogen:
Dort erwartet mich eine Orgie an Farben, wechsend im Minutentakt. Keine Menschenseele irritiert mein Schaffen – wunderbar. Dann klingeltˋs, und ein Ausstellungsbild ist im Kasten, es geht mir durch und durch:
Ich wundere mich mittlerweile überhaupt nicht mehr, warum die besten Landschaftsfotografen ihre besten Bilder im überreifen Mannesalter geschossen haben, in dem auch ich mich jetzt befinde. Mehr Erfahrung als heute habe auch ich nie besessen – und es will mir scheinen, als führte mich eine wohlmeinende Hand zur rechten Zeit an den rechten Ort, wenn ich dieser Hand nur Vertrauen schenke. Ganz wunderbares Arbeiten – so leichtfüßig, und gesegnet mit dieser geistigen Spannung, die mein Elexier ist.
So entstehen an diesen beiden Tagen 140 Aufnahmen. Nach strengster Auswahl bleiben 32 Motive übrig, allesamt Kalendertauglich. Und EIN Ausstellungsbild, das I-Tüpfelchen. Alter Finne!
Bei Sonnenaufgang verlasse ich den Ellenbogen. Beim Radeln über den Mövenbergdeich das letzte Bild-Geschenk dieser zwei intensiven Tage: