Schon während der Nacht frischt der Wind aus ostsüdöstlicher Richtung mächtig auf, und in der Morgendämmerung peitschen Böen bis 10 Beaufort ums Haus. Die 5 Grad Lufttemperatur wirken – gefühlt – wie leichter Frost. Überraschenderweise wird es ab 9 Uhr richtig sonnig, und ich verbinde einen 10.000 Schritte – Spaziergang (Training fürs Knie) mit einigen Beobachtungen am Weststrand zwischen Friesischer Straße und der Oase im Süden Westerlands. Die Wasserkante steht schon drei Stunden vor Niedrigwasser tiefer als beim normalen MTNW.
Der Knaller erwartet mich direkt am Strandübergang Friedrichstraße: Neben der großen, in den 1960er gebauten Flunderbuhne ist eine alte Holzpfahlbuhne mit Steinkopf aus den 1870er Jahren, der frühesten Phase des Buhnenbaus an der Sylter Westküste, freigespült worden, die ich so NOCH NIE gesehen habe:
Sie lässt sich zeitlich ziemlich genau zuordnen auf Mitte bis Ende der 1870er Jahre, weil sie einige zylindrische Beton-/Zementteile aufweist, die man in jenen Jahren auf ihre Salzwasserbeständigkeit zu testen versuchte. Später wurden diese in Form von größeren Blöcken in zahlreichen Steinbuhnen verbaut, was einfach günstiger war als der kostspielige Antransport der großen Findlinge.
In der Fachliteratur finde ich den Grundriss und Querschnitt dieses „Zwischenwerks“, das damals nachträglich zwischen zwei größeren, sogenannten „Hauptwerken“ errichtet wurde, deren zu großer Abstand voneinander zu stärkerer Ausräumung des Strandes führte. Sehr spannend!
Das schaue ich mir morgen nochmal näher an, soviel steht fest.
Ein typisches „Hauptwerk“ aus jenen Jahren existiert noch in Höhe des Westerländer Campingplatzes, mit den typischen Verfallsmerkmalen: Die hölzernen seitlichen Pflockreihen brechen weg, und die Findlinge gehen auf Wanderschaft. Übrigens ist es tatsächlich einem pfiffigen Gemeindevertreter (meinem Ex-Hausarzt) zu verdanken, dass die besterhaltenen sechs Hauptwerke zwischen Westerland und Rantum NICHT mit abgerissen wurden/werden im Zuge des aktuellen „Buhnen-Rückbaus“. Er rief mich nämlich an, und ich übersandte ihm eine Liste incl. Fotos der erhaltungswürdigen Steinbuhnen. Diese gehört dazu:
Wenn ich an diesen sechs Buhnen nun vorbeiwandere, mache ich bei jeder einen Kotau und klopfe mir auf die Schulter: „Alles richtig gemacht, Hans!“ 😉
Dafür gibt es nun weite Abschnitte des großartigen Sylter Strandes ohne feste Einbauten, was an einem breiten Niedrigwasserstrand einfach eine Augenweide ist.