… wenn man scheinbar zugefrorene Seen betritt. Aber ich habe diesbezüglich viel gelernt in diesen Engadiner Tagen…
Zum Beispiel dachte ich, daß die hiesigen Seen bei den extremen nächtlichen Tiefsttemperaturen bis -20 Grad seit Dezember sicher begehbar sein würden, wenn ich kurz vor Mitte Januar hier erscheine. Aber weit gefehlt! Die bis zu 75 Meter tiefen Seen müssen zunächst einmal in ihrer gesamten(!) Wassersäule auf vier Grad heruntergekühlt werden, was diverse Wochen in Anspruch nimmt. Das heißt: Die kleineren und flacheren Seen frieren als erste zu, außerdem die noch höher gelegenen (wie der vorgestern besuchte Cavlocsee). In den Engadiner Tälern gibt es noch ein weiteres Phänomen: Die kälteste Luft findet sich hier gerade nicht(!) in den höchsten Bereichen, sondern diese fließt in die Senken, also die tiefsten Teile der Täler, im Oberengadin ist das die Gegend um Samedan, wo Temperaturen unter -30 Grad immer wieder gemessen werden.
Diese Prozesse erklären, warum der Silsersee als größter, tiefster und höchstgelegener bislang nur minimale und lockere Vereisungen an geschützten Uferbereichen zeigt, während der kleinere, flachere und tiefergelegenere St. Moritzsee schon knüppelhart gefroren ist. Über letzteren bin ich heute rübergelaufen zum Stazersee, auf den ich auf dem heutigen Titel gerade vooorsichtig hinauflaufe. Aber auch nur, weil er schon „gespurt“ ist, und zahlreiche Schlittschuhfahrer längst darauf unterwegs sind. Ganze Schulklassen darunter, die professionellen Unterricht bekommen. Sehr goldig ist, daß viele der Kinder rätoromanisch miteinander sprechen, was in den Grundschulklassen auch unterrichtet wird im Kanton Graubünden:
Heute geht es noch einmal gaaanz hoch in die Berge! Auf 2.456 Meter führt die „Muottas Muragl“-Bergbahn, wo mich als erstes ein Dutzend Usedomer Strandkörbe erwarten:
Noch um 7 Uhr am Morgen herrschten hier -18 Grad, jetzt lässt es sich im Windschatten und mit einer Schweizer Armee-Decke locker aushalten… zumindest, solange die Sonne scheint:
Der Blick von hier oben über die gesamte Oberengadiner Seenplatte zählt zu den unauslöschlichsten, die mir je untergekommen sind. Nachdem ich im Herbst 2020 zum ersten Mal hier oben war, investiere ich gerne die 41,-(!) Fränklis, die Auf- und Abfahrt kosten. Hier der Blick auf einen Stich kurz nach Konstruktion der Bergbahn Anfang des 20. Jahrhunderts…:
… und hier das aktuelle Pendant. Ein Tick rechts der Bildmitte findet sich der St. Moritzsee, rechts davon St. Moritz. Darüber der kleine Champfersee, dann der Silvaplanasee und gaaanz oben (nur ansatzweise zu sehen), der Silsersee. Und der kleine Stazersee incl. der freigebuddelten Schlittschuhläuferrunde liegt halblinks unterhalb des St. Moritzsees auf einer Anhöhe:
Etwas länger musste ich rätseln, wie diese Strukturen im Schnee zu erklären sind… bis ein Gegenstand im Foto sie als „anthropogene Müll-Entsorgungsstruktur“ entlarvte:
Wie schön und beruhigend, daß wir nun alles geklärt haben.