19. Januar: S Y L T

Mir fällt das Mädchen schon aus großer Distanz auf. Die rote Regenjacke, die sich tief herunterbeugt, schließlich kniet sie sich dicht über den oberen Spülsaum, zu dem die höchsten Wellen der aufkommenden Flut schon heranzüngeln. Immer wieder steht sie auf, tappst herunter an die Flutkante, schaut, prüft, sammelt, um ihre Funde gleich nach oben zu tragen, und sooorgsam einzugliedern in das Bild, das dort im Sand entsteht.

Schön anzusehen, diese spielerische Selbstvergessenheit. Ich erinnere mich an Situationen meiner Kindheit, zum Beispiel beim Burgenbau, wo es mir ähnlich erging. Und mir wird immer klarer, daß ich mir diese kindlichen Sternstunden dieser Selbstvergessenheit bewahrt habe, wenn ich auf Fototour bin, ein Motiv gefunden habe, die beste Perspektive suche, und nun auf das passende Licht, die ideale Wolkenkomposition oder den nötigen Windhauch warte, die das Foto vollenden sollen.

Ich beobachte das Mädchen, sie mag im Alter von 14 – 16 sein, zunächst von der Promenade her. Nach 15 Minuten gehe ich selber runter an den Strand, bleibe stehen, wenn sie aufsteht, um neues „Material“ zu suchen, komme behutsam näher, die Kamera hinter meinem Rücken, alle Einstellungen längst fokussiert auf die akribische Künstlerin dort vor mir.

Als ich keine fünf Meter mehr von ihr entfernt bin, erhebt sie sich, blickt lange auf das offenbar gerade vollendete Werk, zückt ihr Handy, kniet sich noch einmal nieder für den rechten Ausschnitt, löst aus, betrachtet das Bild, lächelt – und hüpft fröhlich davon…

Das heutige Titelbild.

Eigentlich bin ich heute wegen der Wolken unterwegs, und versuche, Meer und Himmel und Licht zu einer gelungenen Komposition zu vereinen:

Wohl eine gute Stunde verfolge ich diese wunderbar erfüllende Arbeit:

Sternstunden am Strand.

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